Abstimmungen vom 28.11.2021

Eidgenössisch

Volksinitiative «Für eine starke Pflege (Pflegeinitiative)» → JA

Letztes Jahr haben wir für die Pflegenden applaudiert. Verbessert hat sich die Situation seither aber nicht. Im Gegenteil: All die Forderungen waren bereits vor der Pandemie aktuell. Die Coronakrise hat sie aber weiter verschärft.

Mit der Annahme der Pflegeinitiative haben wir nun eine erste Möglichkeit die Rahmenbedingungen in der Pflege zu verbessern. Sie fordert gute Arbeitsbedingungen in dem der Bund Leitlinien für gute Arbeitsbedingungen festlegen muss. Zugleich soll der Bund Bestimmungen für eine angemessene Pflegefinanzierung erlassen.  Die Initiative fordert auch einen grösseren Verteilschlüssel von Fachkräften und bessere finanzielle Unterstützung für Aus- und Weiterbildungen.

Der Gegenvorschlag des Bundesrates ist abzulehnen, da dieser nur darauf hinzielt, in Ausbildungen zu investieren. Dies genügt jedoch nicht, da die Arbeitsbedingungen in der Pflege längerfristig und nachhaltig verbessert werden müssen. Es bringt nichts in Ausbildungen zu investieren, wenn Pflegende kurz nach ihrer Ausbildung psychisch oder physisch erkranken und nicht mehr arbeiten können.

Die AL empfiehlt deshalb ein Ja zur Pflegeinitiative.

«Bestimmung der Bundesrichterinnen und Bundesrichter im Losverfahren (Justiz-Initiative)» →NEIN

Die sogenannten «Justiz-Initiative» will die Wahl von Bundesrichter*innen einem qualifizierten Losverfahren überlassen. Konkret soll durch den Bundesrat eine unabhängige Fachkommission eingesetzt werden, die geeignete Kandidat:innen für das Verfahren vorschlägt. Wer von den vorgeschlagenen Kandidat*innen gewählt wird, würde dann aber der Zufall entscheiden. Des Weiteren sollen sich Bundesrichter*innen, gemäss der Initiative, nicht mehr durch eine Wiederwahl vom Parlament bestätigen lassen müssen, sondern bis maximal fünf Jahre über das gültige Rentenalter hinaus im Amt bleiben dürfen.

Die AL Bern teilt die durch das Initiativkomitee angesprochenen Bedenken in Bezug auf die faktisch notwendige Parteizugehörigkeit von Bundesrichter*innen und sieht – durch neu entwickelten Angriffe der SVP – die richterliche Unabhängigkeit des Bundesgerichts potentiell gefährdet. Auch die AL Bern wünscht sich eine qualifizierte, unabhängige und chancegleiche Bundesrichter*innenwahl. Wir glauben jedoch, dass die Justiz-Initiative in Bezug auf diese Werte keine angemessene Lösung des Problems darstellt, da sie von problematischen Grundannahmen ausgeht:

1. Die Qualifizierung der Kandidat*innen für Bundesrichter*innenwahl soll eine Fachkommission sicherstellen. Dafür muss eine Machtverschiebung vom Parlament hin zu einer Fachkommission vollzogen werden. Damit wird das Problem jedoch nicht gelöst, sondern lediglich verschoben, denn wer über die Qualifizierung von Bundesrichter*innen entscheidet, würde neu nicht mehr durch das Parlament, sondern durch den Bundesrat bestimmt. Geschwächt würde dabei lediglich die demokratischen Legitimation der Zusammensetzung des Bundesgerichts, da neu nicht die Volksvertreter*innen, sondern die Verwaltung über die Qualifizierung der Kandidat*innen für die Wahl befinden würde.

2. Die Unabhängigkeit der Bundesrichter*innenwahl soll ein Losverfahren garantieren. Da das Bundesrichter*innenamt voraussetzungsreich ist, ist für eine Wahl in dieses Amt eine Qualifizierung der Kandidat*innen unerlässlich. Diese Vorselektion kann nicht dem Zufall überlassen werden. Unabhängigkeit herrscht folglich erst unter den zum Losverfahren zugelassenen Kandidat*innen. Dabei ist die hergestellte Unabhängigkeit aber nur so gut, wie die Vorselektion. Es besteht die Gefahr, dass der Zufall nicht die geeignetsten Kandidat*innen zu Bundesrichter*innen macht.

3. Die Chancengleichheit der Bundesrichter*innenwahl soll ein Losverfahren garantieren. Dabei geht die Initiative von der Gleichwertigkeit aller Kandidierenden aus. Es gibt aber grundsätzlich im Zusammenhang mit der Bundesrichter*innenwahl keine Gleichwertigkeit, sondern es muss bei der Zusammensetzung des Bundesgerichts nebst der Qualifikation, auch auf Repräsentation (Geschlecht, Sprache, Verteilung der gesellschaftspolitische Kräfte etc.) geachtet werden. Dies ist keine exakte Wissenschaft. Darum muss eine Bundesrichter*innenwahl jeweils auch verantwortet werden. Im Gegensatz zum Parlament kann ein Losverfahren für die Wahlentscheidung nicht zur Verantwortung gezogen werden.

Aus diesen Gründen ist die vorliegende Justiz-Initiative keine gute Lösung. Die Unabhängigkeit des Bundesgerichts könnte bereits durch einen Verzicht der Wiederwahl von Bundesrichter:innen bei gleichzeitiger Einführung einer Amtszeitbeschränkung sichergestellt werden, ohne dass dabei demokratische Legitimation und Verantwortlichkeit der Wahlverfahrens geschwächt wird.

Wir empfehlen deshalb die Initiative abzulehnen.

Änderungen vom 19. März 2021 des Covid-19-Gesetzes → JA, ABER

Das Covid-19-Gesetz regelt die zusätzlichen Massnahmen, die der Bundesrat bei der Bekämpfung der Pandemie ergreifen darf. Damit gibt das Gesetz Struktur, Orientierung und Sicherheit. Wie wichtig sichere Rahmenbedingungen in einer Pandemie mit all ihren Unsicherheiten sind, zeigen die neu erstarkten Rechten und der Aufwind der Hardliner*innen aus der SVP.

Als positive Punkte sind insbesondere die Ausweitung der finanziellen Hilfen für Betroffene zu nennen (Ausweitung der Härtefallhilfe, Erwerbsersatz neu ab 30% Umsatzrückgang, Ausweitung der Finanzhilfen für Kultur etc.) und die neu geschaffene Möglichkeit medizinische Güter nicht nur zu beschaffen, sondern auch herstellen zu lassen. Die Ausweitung der finanziellen Hilfen unterstützt Betroffene und leistet einen Beitrag zur Abfederung der sozialen Folgen der Pandemie. Die Möglichkeit selbst medizinische Güter herzustellen, wäre ein wichtiger Hebel gegen die Monopolstellung der internationalen Konzerne und eine gerechtere Verteilung der Impfstoffe.

Aber das Gesetzt schafft auch neue Überwachungsinstrumente und nährt Bedenken bezüglich des Datenschutzes. Die eingeführten Instrumente sind zwar temporär, aber die Vergangenheit lehrt, wie schwierig es sein kann solche «Errungenschaften» wieder loszuwerden. Ebenfalls problematisch ist, dass der Bund zwar die Möglichkeit erhält Gratistests anzubieten und medizinische Güter z.B. Impfstoffe produzieren zu lassen von dieser Möglichkeit jedoch nicht Gebrauch macht, die Gratistests als wichtiges Instrument der Pandemiebekämpfung sogar abschafft.

Deshalb empfehlen wir das Gesetz unter Vorbehalt zur Annahme.

Städtisch

Neupositionierung Alters- und Pflegeheim Kühlewil: Verkauf der Liegenschaften an Siloah und Verpflichtungskredite → NEIN

Die AL kritisiert, dass die Stadt Bern in der Folge des derzeitigen Sparwahn nicht davon absieht, das städtische Pflegeheim Kühlewil zu verkaufen.

Es kann nicht sein, dass eine linke Stadt, den Trend der Privatisierung der Pflege fördert. Gerade durch die Coronakrise sollte uns allen klar geworden sein, dass es unabdingbar ist, als Gesellschaft und als Staat in die Pflege zu investieren und nicht multinationalen Unternehmen den Platz zu überlassen, damit sie auf Kosten des Klientels und des Pflegepersonals Gewinne scheffeln können.

In diesem Fall wird die Institution an eine gemeinnützige Stiftung übertragen, und soll mit ähnlichen Dienstleistungen und Arbeitsbedingungen weitergeführt werden.
Wir stellen uns jedoch weiterhin gegen den Verkauf, weil wir der Meinung sind, dass es die Aufgabe der Stadt wäre Kühlewil nicht gewinnbringend weiterzuführen.

Daher empfiehlt die AL ein Nein zum Verkauf von Kühlewil.

Nutzung und Gestaltung der Laubengeschosse in der Altstadt: Teilrevision der Bauordnung der Stadt Bern → JA

Die neuen Regelungen für Laubengeschosse in der Altstadt sehen vor, dass an die Lauben grenzende Räume in der unteren Altstadt zukünftig nur für öffentlich zugängliche Nutzungen bestimmt sein sollen. Schaufenster dürfen nicht mehr abgeklebt werden. Anwalts-, Architektur, Treuhandbüros oder Arztpraxen sind in diesen Räumen nicht mehr zulässig.

Die AL empfiehlt die Teilrevision zur Annahme, weil Lauben und Parterregeschosse dem Gast- und Kleingewerbe, Kulturspielstätten und dem Detailhandel vorbehalten sein sollen.

Zwischennutzungen: Teilrevision der Bauordnung der Stadt Bern → JA

In Zeiten akuter Wohnungsnot und steigender Mietpreise soll die Zwischennutzung von leerstehenden Gebäuden in Bern einfach möglich sein. Damit können Leerstände verhindert werden. Mit der Vorlage soll der rechtliche Rahmen geschaffen werden, damit Zwischennutzungen einfacher umgesetzt und eine rasche Bewilligung von Zwischennutzungen für fünf Jahre ermöglicht werden können. Die AL sagt klar JA zur Teilrevision der Bauordnung betr. Zwischennutzungen.

Budget 2022 der Stadt Bern → STIMMFREIGABE

Der Einfluss auf einzelne Ausgaben ist für die Stimmbevölkerung im Rahmen des Budgets nicht möglich. Das ist und bleibt unbefriedigend. Die Alternative Linke Bern fordert deshalb ein partizipatives Budget in der Stadt Bern damit die Bevölkerung in Zukunft tatsächlich auch beim Budget mitreden kann. In der aktuellen Budgetvorlage wird über Produktegruppen abgestimmt. Innerhalb dieser kann jedoch der Gemeinderat machen, wie es ihn dünkt.

Die aktuellen Sparmassnahmen im Budget 2022 sind aus unserer Sicht unverhältnismässig und zu kurzsichtig gedacht, weshalb einige AL-Stadträtinnen das Budget auch abgelehnt haben. Deshalb Stimmfreigabe!

Einführung Farbsack-Trennsystem: Investitions- und Verpflichtungskredit sowie Teilrevision des Abfallreglements → JA

Das neue, in einem Pilotversuch erprobte Farbsack-Trennsystem sieht folgendes vor: Vor Wohnhäusern werden Container bereitgestellt, worin Kehricht wie auch die häufigsten Separatabfälle jederzeit entsorgt werden können.

Einer der wichtigsten Gründe vorab: Das System bringt den Mitarbeiter*innen von Entsorgung & Recycling Stadt Bern grosse gesundheitliche Vorteile. Das tägliche tonnenschwere Heben von einzelnen Müllsäcken entfällt.

Für Stadtbewohner*innen werden vor allem Trennen und Entsorgen vereinfacht: Kehricht und Papier aber auch Separatanfälle wie Büchsen, PET, Glas und Plastik können jederzeit in Containern entsorgt werden.

Die von der Stadt bereitgestellten Container erübrigen den Gang zu den überlasteten Abfallsammelstellen. Das System spart private Transporte zu den Sammelstellen und entlastet diese zudem.

Das Trenn-System beruht auf Freiwilligkeit: Die Sammelstellen bleiben erhalten und können für die Entsorgung von Glas und Büchsen weitergenutzt werden.

Die AL empfiehlt die Vorlage zu Annahme.