Das Bundesamt für Migration hält Dublin-Rückführungen nach Kroatien weiterhin für zumutbar. Dies, obwohl der europäische Gerichtshof für Menschenrechte Kroatien im Januar 2023 zum 2. Mal verurteilt hat. Berner Grossrätinnen von AL, Grünen und SP fordern aufgrund der nationalen Untätigkeit den Regierungsrat auf, die Ausführung vom Rückführungen nach Kroatien auszusetzen.
Berichte von geflüchteten Personen, EU-Untersuchungen, Nichtregierungsorganisationen und Medien dokumentieren zahlreiche Missachtungen von Menschenrechten von Geflüchteten in Kroatien. Die illegalen Push-Backs sind dabei nur die wohl am besten bekannte Spitze vom Eisberg. Aufgrund der zahlreichen Dokumentationen ist klar, dass es sich nicht um Einzelfälle handelt, sondern um systematische Grundrechtsverletzungen. Der kroatische Staat kennt und toleriert die Praxis der Gewalt und geht unzureichend dagegen vor. Die Rechtsstaatlichkeit ist für Geflüchtete in Kroatien nicht garantiert.
Im Januar 2023 hat der europäische Gerichtshof für Menschenrechte Kroatien zum zweiten Mal verurteilt. Bis Kroatien die Praxis ändert, sind Rückführungen nach Kroatien für Betroffene nicht zumutbar und der Kanton Bern soll in seinem Einflussbereich entsprechend Verantwortung zur Einhaltung von Menschenrechten und Völkerrecht übernehmen und die Ausführung von Rückführungen nach Kroatien von Personen im Kanton Bern aussetzen.
Im Dublinabkommen ist ein Selbsteintrittsrecht verankert, dass Mitgliedstaaten ermöglicht, aus humanitären Gründen selbstbestimmt auf ein Asylgesuch einzutreten.
Haben Geflüchtete Gewalt von Mitarbeiter*innen des kroatischen Staates erlebt (durch die kroatische Polizei im Grenzgebiet), führt dies bei Betroffenen in der Regel zum Verlust des Vertrauens in den verantwortlichen Staat, welcher dann auch für das Asylverfahren zuständig wäre. Das Wissen um die Verletzung von Grundrechten von Geflüchteten und um die Nicht-Ahndung von Gewalt durch Staatsangestellte an Geflüchteten ist Grund genug, um vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen.
Da der Bund bisher nicht von sich aus aktiv wird, ist es zwingend, dass die Kantone, in denen die Betroffenen leben, aktiv werden und sich für die Rechte ihrer Bewohner:innen einsetzen. Vor diesem Hintergrund fordern in Zusammenarbeit mit Basisgruppen die Grossrätinen Christa Ammann (AL), Tanja Bauer (SP) und Nora Soder (Grüne) den Berner Regierunsrat auf, die Ausführung der Dublin-Rückführungen nach Kroatien auszusetzen und den Bund aufzufordern, das Selbsteintrittsrecht zu nutzen.
Ähnlichen Widerstand von Kantonen gegen die Bundespraxis hat der Grosse Rat vom Kanton Waadt Mitte Februar gewählt: insgesamt 52 Politiker:innen von linken Parteien, Mitte und GLP fordern die zuständige Regierungsrätin Isabel Moret auf, gegen die Praxis des Bundes zu intervenieren.
Link zur Motion
Berichte von sosf und der Schweizerischen Flüchtlngshilfe